Samstag, 23. April 2016

Hans-Song-Festival - Stade


Reeperbahn-Festival-light so würde ich das 5. Hanse-Song-Festival in Stade bezeichnen wollen. Mit einer viel ruhigeren Lage in sechs Locations in der Stader Innenstadt, die alle Fußläufig gut zu erreichen waren, traten an diesem abend zwischen 17 Uhr und 23:30 Uhr insgesamt 21 Bands, Sängerinnen und Sänger auf. Ein ganz ordentliches Line-up, aber die Gefahr von Überschneidungen, oder gar das Problem die Qual der Wahl zu haben bestand bei mir nicht. Einen Tag vorher musste leider der Sänger Eric Pfeil kurzfristig absagen und der stand auf meinem Zettel! Also musste ich noch kurzfristig umplanen und so ergab sich dann folgendes Programm:

17 Uhr - LILLY AMONG CLOUDS - Königsmarcksaal im Alten Rathaus von Stade

Ein schöner, alter Saal mit Stil und eine junge Dame mit so unheimlich viel Potenzial, dass wollten viele Leute gleich als Eröffnungact sehen. Dennoch war ich an vierter Stelle in der Schlange vor dem alten Rathaus und konnte mir so, gleich nach der Ausgabe des grünen Festivalbändchens, einen Platz in der ersten Reihe sichern. Kaum saß ich dort fünf Minuten erschien Lilly auch schon auf der Bühne. Wahrlich ein Sonnenschein, wie ich sie in Erinnerung hatte. Mich erinnert sie optisch immer etwas an die Schauspielerin Michelle Trachtenberg in jungen Jahren und im Vergleich zum Reeperbahn Festival hat sie etwas an Scheu abgelegt ohne ihre niedliche Ausstrahlung zu verlieren. Ihre Songs begeistern von Anfang an, ob alleine mit Gitarre oder am Keyboard mit Bandbegleitung. Immer wieder kommt dieses leicht kratzige und rauchige in ihrer Stimme durch, was man absolut nicht vermutet, wenn man sie so sieht. Sie schafft es sogar ein Zusammenspiel mit dem Publikum zu erreichen, was zu dieser frühen Zeit noch nicht so mitzureißen ist, aber dennoch singen bei "Any Trouble" viele mit, was ihr am Ende ein keckes Lachen entlockt. Ihre wunderbaren Lieder "Remember me" und "Blood & History" runden es so ab, dass 45 Minuten viel zu schnell um waren. Lilly kann ich jedem einfach nur wärmstens ans Herz legen!

18 Uhr - SARAH AND JULIAN - Landgericht Stade

Die Location des Saales im 2. OG im Landgericht ist sicher echt gewöhnungsbedürftig und für die Acts, die dort auftreten sollten meiner Meinung nach zu klein, denn hier wollte ich alle drei Künstler des abends sehen. Aber ich hatte Glück und war jedes Mal dabei! Zunächst waren es Sarah and Julian, zwei recht schöne Menschen mit einer Ausstrahlung die absolut zu deren musikalisch-harmonischen Musik passt. Er an der Gitarre, sie am Keyboard bilden so ein Duo mit wundervollen Liedern. Die beiden sind auf der Bühne ein gut eingespieltes Team und die Musik, die ich an diesem Abend das erste Mal höre, begeistert mich von Anfang an! Lieder die mir dabei gleich in den Ohren bleiben sind "Birds of the feather" und "Like a letter". Sarah erinnert mich von Beginn an optisch an eine junge Vanessa Carlton, das sie dabei noch am Keyboard steht unterstreicht dies noch. Julian erzählte, dass er das letzten Mal einen Gerichtssaal von innen gesehen habe, als er wegen Schwarz-fahrens angeklagt war, aber diesen kleinen Raum habe ich schon nach den ersten Minuten schätzen gelernt, denn man war so nah dran, auf einer Stufe mit den Musikern. Als Zugabe und mit fünf Minuten Zeitüberzug gab es denn noch den Song "Mayflies", der in der Live-Version meiner Meinung nach schöner wirkt als im Original. Hier ist meine mitgefilmte Version von Sarah and Julian mit Mayflies !

19 Uhr - TALKING TO TURTLES - Landgericht Stade

Ich bin im Landgericht geblieben und habe mir ein ganz ähnliches Duo angehört, wobei bei Talking to Turtles eher seine als ihre Stimme im Vordergrund steht. Doch diese Stimme ist angenehm warm! Die Musik ist melodisch und gut und man hört Drums, die man zunächst auf der Bühne vergeblich sucht, denn diese steuert er nur mit zwei Fußpedalen, auf denen er halb wippend steht. So recht vermag ich ihre Musik nicht einzuordnen, bestimmt fällt es unter Indie-Pop. Ihr Auftritt hat sich gelohnt, mir persönlich haben Sarah und Julian vorher besser gefallen. 




19:45 Uhr - JOHN BRAMWELL -Schwedenspeicher

Im historischen Schwedenspeicher ergab sich nun eines meiner "Ersatzprogramme" durch den Absage von Eric Pfeil. Vorab hatte ich zu dieser Zeit die Wahl zwischen "Der Ringer" und John Bramwell, den Sänger und Gitarristen für den ich mich entschieden hatte. Ein großer Fehler, denn zunächst beschwerte er über die Technik und spielt denn zwei Songs. Dann meckerte er über Krach an der Bar und warf dem Personal hinterm Tresen ein "Fuck you" zu. Wie einige andere bin dann auch ich gegangen - war mir einfach zu blöd! Zu seiner Musik kann ich daher im Grunde gar nichts sagen.



20:30 Uhr - JOCO - St. Wilhadi-Kirche

Die Joco-Schwestern habe ich jetzt innerhalb eines Jahres, nach Reeperbus und LUX zum dritten Mal live gesehen und das lohnt sich jedes Mal aufs Neue. Die Kirche bildet eine außergewöhnliche Bühne, ausreichend viel Platz und eine tolle Akustik. Besonders der harmonische, gleichstimmige Gesang und die Drums hallen schön durch das Gebäude. Hier in dieser Location wird am deutlichsten, wie bunt durchgemischt das Publikum aus allen Alterklassen besteht. Die beiden spielen ihre mir längst bekannten Songs, den ESC-Vorentscheid-Song "Full moon" und auch ein neues Stück ist dabei. Besonders gut gefallen hat mir an diesem Abend ihr Lied "Bleeding" und zum Glück gaben sie auch ihren, leider einzigen, deutschsprachigen Song zum besten - hier ist "Winter" von Joco!



21:15 Uhr - NICOLAS STURM - Seminarturnhalle

Der Auftritt vom Freiburger Musiker Nicolas Sturm und seiner Band ergab sich ebenfalls durch meine Umplanung. Die Seminarturnhalle hat mir gut gefallen, eine Halle, die zum einen groß genug und geräumig, mit einer großzügigen Bar und einer Beleuchtungsanlage ausgestattet ist. Seine Lieder sind deutschsprachiger Indie-Rock mit guten, teilweise sozialkritischen Texten. In Erinnerung blieb mir sei Song "Lichtjahre". Der Auftritt war für mich eine positive Überraschung, doch leider gab es keine Cds zu kaufen, da er noch kein Album auf dem Markt hat.

22:00 Uhr - JOCHEN DISTELMEYER - St. Wilhadi-Kirche

Wieder einmal zurück über die Straße und rein in die Kirche. Diesmal waren die Kirchenbänke ebenfalls wieder gut gefüllt, denn es stand der Auftritt vom Blumfeld-Frontmann Jochen Distelmeyer an. Er stand alleine mit Gitarre auf der Bühne und daneben sein Keyboarder, den ich hinter der Kirchensäule mehr erahnen, als sehen konnte. Distelmeyer ist ein alter Hase im Musikgeschmack, dass merkt man am Umgang mit dem Publikum und der Selbstsicherheit auf der Bühne. Neben einigen neuen, eigenen Lieder und dem gefühlvollen Blumfeld-Hit "1000 Tränen tief" sang er auch noch zwei Coverversionen. Diese Cover hätte ich so nicht erwartet, denn es waren "Toxic" von Britney Spears und "Video games" von Lana del Rey, die er in einer ganz eigenen, aber sehr interessanten Art wiedergab. War ein klasse Auftritt!

23:00 Uhr - LUISA - Landgericht

Zum dritten und letzten Mal im Landgericht hat sich der Satz bewahrheitet: Das Beste kommt zum Schluss! Die kleine, quirlige Hamburgerin Luisa hat mich von Beginn an begeistert. Ihre Musik ist eine Art experimenteller Pop und das, was ich immer Sampeln nenne, dass Mixen von Gesangs- und Instrumentalstücke beherrscht sie perfekt! Im Publikum, einen guten Meter neben mir wollten sich auch die Joco-Mädels den Auftritt von Luisa nicht entgehen lassen. Mein Lieblingsstück heißt hier "More" und am Ende überrascht sie damit, dass sie eine lautstark geforderte Zugabe gibt. Bei dieser Zugabe spielt sie nur Gitarre und gibt einen französischsprachigen Song zum Besten. Lusia möchte ich auf jeden Fall nochmals und denn länger live erleben!



 Fazit: Mit zwei signierten Alben von Sarah and Julian und Luisa im Gepäck habe ich die kleine Stadt mit ihrem Festival gerade in dem Moment verlassen, als ich gerade richtig auf Festival-Temperatur war. Der Abend hat in fast sieben Stunden ein abwechslungsreiches Programm geboten, denn ich habe acht von 21 Acts auf fünf von sechs Bühnen erlebt und das für schlanke 32 Euro. Für das 6. Hanse-Song-Festival im kommendem Jahr könnte Stade wieder ein Ziel sein!


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